Hier wird’s mobil
Das Lieblingsmüsli ohne Rosinen zusammenstellen? Geht schon lange. Auf Schuhe warten, die vor unseren Augen nach unseren Wünschen gefertigt werden? Auch das wird möglich. Und ein grünes Auto mit Sportsitzen, roten Nähten, gemusterten Innenverkleidungen und Elektromotor? Die Nachfrage nach individuellen Produkten beeinflusst selbst die großen Fertigungslinien im Automobilbau. »Wenn ich heute eine Automobilproduktion auf ein neues Modell umstellen will, dauert das aktuell Wochen. Mit Mobilität und modularer Fertigung kann ich innerhalb von Minuten Dinge umkonfigurieren«, sagt der deutsche Wissenschaftler der Informatik und Robotik Prof. Dr. Wolfram Burgard.
Das KUKA Konzept zum sogenannten Matrix-Rohbau ist ein Beispiel dafür. In der Matrix-Produktion prägen einzelne Roboterzellen das Bild in der Halle. Über eine frei programmierbare Logistik der Bauteile sind sie miteinander verkettet. Jede Zelle ist flexibel konfigurierbar. Zwischen den Zellen fahren Autobauteile auf fahrerlosen Transportfahrzeugen, sogenannten Automated Guided Vehicles (AGVs), hin und her, um bearbeitet zu werden. Etwas zu transportieren und etwas zu produzieren wird bewusst voneinander getrennt. Das ermöglicht kürzere Produktzyklen und ein vielfältiges Produktportfolio. »Lasse ich Mobilität in meine Werkshalle einziehen, brauche ich in einer Produktion von morgen viel weniger Platz, ich spare Kosten und bin vor allem viel flexibler«, fasst Burgard, der an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg die Arbeitsgruppe für Autonome Intelligente Systeme leitet, die Vorzüge zusammen.

Mobilität als entscheidender Faktor
Ein Bestandteil der wandlungsfähigen, flexiblen Fabrik der Zukunft werden also mobile Robotersysteme sein, die Werkstücke nicht nur transportieren, sondern auch bearbeiten und dabei mit dem Menschen direkt zusammenarbeiten können. Mobile Einheiten werden Roboter im Vorbeifahren mit anderen Werkzeugen ausstatten und es den Robotern ermöglichen, kurzfristig neue Tätigkeiten auszuführen oder andere Werkstücke zu bearbeiten.
Eine Branche, die mit am meisten von Mobilität profitieren wird, ist die Logistikbranche. »Mobilität ist da einer der entscheidenden Faktoren. Ganz einfach, weil in diesen großen Hallen ständig Produkte von irgendwelchen Regalen zu Packstationen gebracht werden müssen. Der Mobility-Experte Dominik Jäkle vom Schweizer Automatisierungsunternehmen Swisslog sagt: »Mit mobilen Lösungen in der Logistik können wir ganz viel erreichen. Fest am Hallenboden verschraubte Geräte werden zunehmend aus der Produktion verschwinden. Vielmehr braucht es einzelne Elemente, die schnell und einfach aufgebaut werden können – und die die Produktion morgen an einer anderen Stelle unterstützen als heute. Dazu kommt noch, dass Fertigungsabläufe auf diese Weise ohne Aufwand erweitert werden oder ganze Anlagen viel besser umziehen können.«
Fest steht: Ein am Boden verschraubtes Förderband funktioniert äußerst zuverlässig und ist sehr effektiv. Es ist aber auch äußerst unflexibel. Ganz verschwinden wird es aus den Industriehallen wohl nicht. Aber mobile Plattformen werden Einzug halten, um schnell und flexibel jeden Kunden individuell bedienen zu können.
